2009-06-12 Frankfurter Rundschau/LügenPresse, Frankfurt, Germany

From DM Live - the Depeche Mode live encyclopedia for the masses
Revision as of 03:17, 10 July 2024 by Angelinda (talk | contribs)
Jump to navigationJump to search
Cassette Icon.png This recording-related article is a stub. You can help DM Live by expanding it.

Notes

Before the 2009-06-12 Commerzbank Arena, Frankfurt, Germany concert, Nadja Erb and Steven Geyer were backstage to interview Andrew Fletcher for newspaper Frankfurter Rundschau. Andy was mainly asked questions about the 1988-03-07 Werner-Seelenbinder-Halle, East-Berlin, East-Germany concert and other concerts behind the Iron Curtain. The interview was published online on 2009-10-27. Then on 2018-07-18, Steven Geyer uploaded most of the interview in audio format on SoundCloud as part of his 'LügenPresse' podcast, dedicating an episode to Depeche Mode. Unfortunately, the interview is dubbed.

  • Duration: 05:11 minutes

Audio

Transcript (German)

C Icon.png This article has information requiring translation. If you are proficient with the German used in this article and wish to contribute an English translation, please feel free to add your translation to the section or sections featuring German content.

Steven Geyer: Etwas Besonderes war das einzige Depeche-Mode-Konzert in Ost-Berlin, das ein ungarischer Veranstalter mit der FDJ einfädelte: Am 7. März 1988 spielten Sie in der DDR - das gelang nicht vielen Westbands.

Andy: Wir wollten seit einer Ewigkeit in Ost-Berlin spielen, aber es wurde uns nie erlaubt. Wir waren in Ungarn, Polen, der Tschechoslowakei aufgetreten - nur in zwei Städte ließen sie uns nicht: Moskau und Ostberlin! Jahrelang löcherten wir unser Management damit.

Steven Geyer: Wieso wollten Sie da unbedingt spielen?

Andy: Wir waren damals junge Kerle, 21, 22 Jahre alt - wir wollten einfach überall auftreten! Bei unserer ersten Mini-Tour durch Osteuropa, Mitte der 80er, zahlten wir ordentlich drauf. Herumkommen, Spaß haben, die Welt sehen!

Steven Geyer: Draußen zahlten Jugendliche bis zum Dreifachen ihres Monatslohns für Tickets, einer gab sein Moped dafür. Aus der ganzen DDR kamen Fans. Konnten Sie mit einigen von ihnen reden?

Andy: Keine Sekunde! Wir wurden total abgeschirmt. Wir wussten vorher nichts über unsere DDR-Fans, und nachher leider auch nicht. Wir durften auch nur diesen einen Tag in Ostberlin verbringen. Ich erinnere mich an einen Stadt-Spaziergang, viel ist davon nicht hängen geblieben. Nach dem Konzert eskortierten sie uns direkt ins Grand Hotel, der Weg und das ganze Hotel waren menschenleer. Was bizarr war, da wir ja wussten, dass wir eine der angesagtesten Bands da waren. Jemand sagte uns, das sei das meistverwanzte Hotel der Welt - echt gespenstisch.

Nadja Erb: Fanden Sie je heraus, wieso die DDR Sie plötzlich doch einlud?

Andy: Von heute aus betrachtet, hätten wir das Konzert besser nicht gegeben. Wir haben uns da wohl für die Partei einspannen lassen. Später hörten wir, dass sie uns als Hauptattraktion bei der Feier zum Geburtstag ihrer Jugendorganisation präsentierten, um bei der Jugend zu punkten. Wir erfuhren, dass normale Fans kaum Chancen auf Karten hatten. Wir wussten davon nichts; damals waren wir einfach heillos begeistert, in Ostberlin spielen zu dürfen.

Nadja Erb: Unter DDR-Jugendlichen war es vor 1989 fast eine Religion, Depeche-Mode-Fan zu sein. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Andy: Ich schätze, wir standen als Band für das Unerreichbare: Wir waren auch sehr angesagt in Westdeutschland, darauf sind sie in Ostdeutschland wohl eingestiegen. Westdeutsche Magazine wie die Bravo bestimmten ja den Geschmack in ganz Osteuropa. In der DDR schien aber mehr dahinter zu stecken. Dort konnten die Fans unsere Platten nie kaufen oder uns live sehen. In diesem Sinne war es durchaus eine Untergrundbewegung: Alles lief über Mundpropaganda, wurde auf Tapes gezogen, verkauft, getauscht. Gerade das trug vielleicht auch zum Reiz an uns bei. Wir wussten, dass wir unheimlich viele Fans in Ostdeutschland hatten: aus Briefen, von Westberliner Freunden, aus der Presse. Man erzählte uns, dass wir da größer als die Beatles seien. Dass wir nie da spielen durften, steigerte unseren Wunsch nur. Leichter wurde es dadurch, dass es uns nie ums Geld ging. Es hat sich trotzdem gelohnt: Die Leute waren verrückt nach Depeche Mode.

Nadja Erb: Wie waren Ihre ersten Ost-Konzerte nach dem Mauerfall?

Andy: Wir füllten in mittelgroßen Städten ganze Stadien, in Leipzig zum Beispiel. Ich erinnere mich, wie mir bei unserem ersten Besuch dort ein Mädchen eine private Stadtführung gab, zu diesem riesigen braunen Denkmal. Es war, als hätte es die Teilung nie gegeben. Wir merkten, was für eine große Nummer wir in Ostdeutschland wirklich waren - anhand der Plattenverkäufe, die durch die Decke gingen. Bis heute verkaufen wir im Osten Deutschlands mehr als im Westen.

questions not included in audio clip

Frage: Es waren auch viele echte Fans unter den 6000 Zuschauern, die ganz ohne Ankündigung von dem Konzert in der Werner-Seelenbinder-Halle am Prenzlberg erfahren hatten. Noch heute schwärmen sie im Internet davon; vielen flossen die Tränen, als Sie damals tatsächlich die Bühne betraten.

Andy: Ja, obwohl uns die Sache mit den Tickets vorher schon komisch vorkam - da stand nicht mal unser Bandname drauf! -, war im Konzert nichts von all dem zu spüren. Es war trotzdem ein großartiger Gig. Aber mit viel Unangenehmen: Hunderte Polizisten beim Soundcheck, meilenweit abgeriegelte Straßen. Die Fans sammelten sich überall in der Umgebung - kamen aber nicht mal in die Nähe der Halle. Echt frustrierend.

Frage: Was blieb Ihnen besonders in Erinnerung?

Andy: Vor allem Ungarn, weil wir da am häufigsten waren. Das Land war das am meisten verwestlichte in Osteuropa. Die luden viele Westbands ein, bevor der Eiserne Vorhang fiel. Neulich spielten wir in Polen, heute ein ganz normales Land. Aber damals war es bizarr: So viele Polizisten hatte ich nie zuvor in einer Halle gesehen. Sonst erlauben wir beim Soundcheck keine Zuhörer - in Polen standen ungelogen 1000 Polizisten und hörten dem Soundcheck zu!

Frage: Haben Sie es inzwischen auch nach Moskau geschafft?

Andy: Natürlich! Leider können wir uns an den ersten Gig kaum erinnern. Der fiel bei uns in eine wilde Phase, wenn Sie verstehen. Aber wir waren noch oft da, und vor einer Weile bin ich noch mal allein als DJ durch Osteuropa getourt, weil es mir solchen Spaß gemacht hatte. Inzwischen erkenne ich da keine Unterschiede mehr zu Auftritten im Westen. Schon erstaunlich, wie schnell das alles ging.